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Becker Psalter - Psalm 90 - Herr Gott Vater im höchsten Thron
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Originaltext

  1. Herr Gott Vater im höchsten Thron,
Durch Jesus Christum deinen Sohn,
Tust du groß Gnad beweisen,
Du Schöpfer aller Kreatur
Bist unser Zuflucht für und für,
Dafür solln wir dich preisen,
Eh denn der Welt Grundfest gelegt
Und Berg wurden fundieret
Durch dein Wort, welchs sie hält und trägt
Und alle Ding regieret,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit,
Ohn Anfang und ohn Ende
Bist du Gott allezeit.

2. Du läßt sterben die Menschenkind,
So viel ihr waren und noch sind
Allhier auf dieser Erden,
Wenn du sprichst: Kommt her wiederum,
So sind sie da in großer Summ,
Die gboren sollen werden,
Denn tausend Jahr, Herr, sind für dir
Gleich eim vergangnen Tage,
Gleich wie die Wach wird aufgeführt
Bei Nacht, und wiedrum abe,
So gehts mit unserm Leben zu,
Dies stirbt, jens wird geboren,
Ist alles voll Unruh.

3. Gleich wie ein Strom mit Ungestüm,
Fährt unser Leben auch dahin,
Da hilft kein Widerstreben,
Von Tag zu Tag gehts ein gen Tal,
Zuletzt kommen wir allzumal
In Tod aus diesem Leben,
Und ist denn unser Herrlichkeit
Gleichwie ein Traum verschwunden
Und wie das Gras auf grüner Heid
Verwelkt in wenig Stunden,
Das Gras verdorrt, die Blum verschwindt,
Die früh stund in der Blüte,
Also wir Menschenkind.

4. Das macht dein Zorn, gerechter Gott,
Dein Grimm treibt uns in unsrer Not,
Daß wir allsamt vergehen
Und fahren hin plötzlich und schnell,
Nachdem wir hie viel Ungefäll
Und Trübsal müßt ausstehen.
Um unser Missetat so schwer,
Die wir haben begangen,
Und dich, Herr Gott, erzürnet sehr,
Hat uns Todsnot umfangen,
Du stellst ins Licht deins Angesichts
Unser verborgne Sünde,
Deren wir achten nicht.

  5. Wir fahren hin durch deine Zorn,
All unser Tage sind verlorn,
Kein Winden hilft noch Ringen,
Die Jahr gehn hin, eh manīs recht merkt.
Gleichwie ein Gschwätz und Fabelwerk,
Geredt von eitlen Dingen.
Währt unser Leben siebnzig Jahr,
So istīs ein hohes Alter,
Kommtīs auf achtzig, sag ich fürwahr,
Es ist ein schweres Malter,
Und ist die größte Herrlichkeit
In so viel langen Jahren
Nur Müh und Herzeleid.

6. Eh wir es nehmen recht in Sinn,
Fährt unser Leben schnell dahin,
Als flögen wir von dannen,
Ach Gott erbarmīs, daß wir so blind
Zu unserm eignen Schadeb sind,
Kehrn uns an kein Vermahnen,
Für deinem Grimm, Gott unser Herr,
Kein Furcht noch Scheu wir haben,
Wer gläubtīs, daß du zürnest so sehr?
Niemand bedenkt den Schaden,
Darum dein Zorn gleichwie ein Flut
Mit Macht auf uns zudringet,
Das tut die Läng kein Gut.

7. Ach Gott, lehr uns bedenken wohl,
Daß wir sind sterblich allzumal,
Auf daß wir doch klug werden,
Kehr dich zu uns mit deiner Gnad,
Vergib die Sünd und Missetat
Dein Knechten hie auf Erden,
Füll uns früh mit Barmherzigkeit
Durch Christum, deinen Sohne,
Nach deiner großen Gütigkeit
In Gnaden unser schone,
So wolln wir unser Leben lang
Solchs rühmen, und mit Freuden
Dir sageb Lob und Dank.

8. Erfreu uns wiedr, wie du zusagst,
Nachdem du uns so lange plagst
Und wir groß Unglück leiden,
Zeig deinen Knechten deine Werk
Und unsern Kindern Ehr und Stärk,
Dein Gnad, Herr, bringt uns Freude,
Sei uns freundlich, Herr unser Gott,
Laß dein Huld ob uns schweben,
Regier durch deines Geistes Rat
All unser Tun und Leben,
Und fördre unser Hände Werk,
Ja bei uns wollst du fördern,
Herr, unser Hände Werk.

 
[NSA Bd. 40]

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